Kálmán Várady
Biografie
Biography
1958 in Hoffnungsthal
1979 – 84 Studium an der Kunsthochschule Köln bei Prof. Werner Schriefers
1986 Meisterschüler bei Prof. Werner Schriefers
Kálmán Várady lebt und arbeitet in Köln
Leben und Werk
Kálmán Várady, von armenischen Sinti und Roma abstammend, ist ein mit Lust an der Gefahr sehr weit gereister Rom. Er studierte Freie Malerei an der Kunsthochschule in Köln bei Professor Wolfgang Schriefer und wurde ab Mitte der 80er Jahre dessen Meisterschüler. In dieser Zeit und in den 90er Jahren unternahm er zahlreiche ausgedehnte Reisen - unter anderem nach Marokko, Tunesien, Algerien, USA, Mexiko, Senegal, Nigeria und Venezuela. Diese wirken bis heute maßgeblich auf die Inhalte seiner Arbeiten ein.
Bei Várady ist das Nomade-Sein also nicht ökonomische Notwendigkeit oder Klischee-Erfüllung, sondern Vergnügen, Horizonterweiterung und Lebenseinstellung. Die Inhalte von Váradys Kunst gehen über den bürgerlichen Kunstbegriff hinaus. Seine Arbeiten pendeln zwischen Malerei, Objekt, Skulptur, Installation und Fotografie und sind ein fortwährender Prozess der Neukonstitution. Je nachdem in welchen Zusammenhang gestellt, tauchen Werke in einer immer neuen Kombination auf. Aus einer Ansammlung von Fundstücken erwächst eine Skulptur oder ein Objekt, das oft an einen Schrein, Altar oder eine totemistische Figur erinnert. Er reflektiert künstlerisch Kulte, Rituale und Mythen, Naturreligionen und magische Vorgänge aus diversen, selbst erfahrenen Kontinenten und aktualisiert sie. Das Dunkle des Überlebenskampfes in diesen oftmals sehr armen Regionen fließt in die Kunstwerke mit ein. Im Chaos liegt die Ordnung, alles ist gleichrangig, die künstlerische Methode ist die Komposition, das Arrangement. Váradys Figuren, Skulpturen und Objekte haben eine animistisch-ästhetische Qualität. Sein Werk thematisiert die Magie ebenso wie Geheimnis, Ritual und Tod. Dazu gehören Veränderungsprozesse wie Verwitterung, „Behängung“ und „Beopferung“, die im künstlerischen Prozess den Gegenständen Besonderheit verleihen.
Überhaupt bezieht Várady sich oft auf Vergänglichkeit und Sterben; die in der Ausstellung GYPSY WARRIORS gezeigten Pistolenkugeln versinnbildlichen die permanente Gefahr in der man sich als Menschen im allgemeinen und als Roma im besonderen befinden. Vergoldet mahnen sie an die Kostbarkeit unseres Lebens. Bedeutsam zum Verständnis von Váradys Arbeiten sind auch sein Humor und seine Ironie, die die verinnerlichte Schwere seiner Arbeiten in ein anderes Verhältnis setzen; die vergoldeten Kugeln, die seinen Tod hätten bedeuten können, haben eine humoristische Komponente; denn nur lachend kann man sich vom Tod befreien.
Nachdem lange die totemistische Kunst, das Spiel mit Altären, magischen Figuren und Privatkulten im Vordergrund stand, thematisiert Várady mehr und mehr sein Romasein auf künstlerisch-politischer Ebene. So entstand beispielsweise die fotografische Werkreihe „Familija“ (2008) in Anlehnung an die typologische Erfassung der Sinti und Roma im sog. Ritter-Archiv der Rassenhygienischen Forschungsstelle. Es verweist sowohl auf das Vorgehen der Nationalsozialisten gegenüber den „Zigeunern“, wie auch auf die heutige Praxis, Personen zu identifizieren, kategorisieren und zu diffamieren. Aufgrund seiner Herkunft lag es für Várady nahe, sich und seine sechs Töchter selbst als Abbild in dieses Kunstwerk einfließen zu lassen. Sieben Personen (die sechs Töchter und der Vater) werden in heutiger polizeidienstlicher Erkennungsmanier fotografiert. Die Serie besteht aus Schwarzweißfotografien der Gesichter in Frontal- und Profilansicht und vergleichenden Aufnahmen der Hände.
Die Ausstellung GYPSY WARRIORS zeigt eine andere Arbeit Váradys die sich mit dem Porajmos auseinandersetzt: einen gebrauchten, polimentvergoldeten Fleischerblock, darauf eingestanzt eine Deportationsnummer. Sie erinnert an die Millionen ermordeten Sinti und Roma, an deren wenigem Besitz ihre Schlächter sich dann auch noch bereicherten.